„Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht scheiden“. So sieht es der Evangelist Matthäus. Rund 190.000 mal im Jahr geschieht jedoch genau das: zwei Menschen, die sich einst geliebt haben, sind einander fremd geworden. Viele solcher Paare haben Gott um seinen Segen für diesen Bund gebeten. Darf hier die Kirche Scheidungsrituale anbieten?
Die hannoversche Bischöfin Margot Käßmann sieht ein Bedürfnis, „den Umgang mit Scheidung und der damit verbundenen Schuld auch im kirchlichen Umfeld zur Sprache zu bringen“. Es geht ihr dabei nicht um eine Analogie zur kirchlichen Trauung. Die Scheidung solle nicht den Anschein der Normalität bekommen. Käßmann: „Ich halte die Ehe für eine wunderbare Sache. Doch es ist wichtig, dass wir auch vor Gott zugeben können, wenn wir gescheitert sind“. So ein Eingestehen von Schuld solle durch Geistliche begleitet werden. Ziel dieser seelsorgerlichen Gespräche könnte es sein, das sowohl den Betroffenen wie deren Umgebung deutlich wird, das keiner ein Auseinanderleben gewollt hat, jedoch ein Zusammenleben nicht mehr möglich sei.
In der bayrischen Landeskirche sieht man solche Äußerungen mit Zurückhaltung. Zwar gibt es dort eine Broschüre „Das Ende als Anfang“, in der es Tipps zur Gestaltung solcher Handlungen gibt, doch dies sei keine amtliche Verlautbarung, heißt es in der Pressestelle.
Die Zeitschrift „Chrismon“ (Nachfolger des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes) hat im Januar 2001 eine interessante Umfrage veröffentlicht. Danach sind 64% der Bevölkerung generell skeptisch. Nur 23% sind für einen Scheidungsgottesdienst. Dies zeigt, dass scheinbar kirchliche Angebote in diesem Bereich gar nicht auf Resonanz bei der Bevölkerung stoßen. Doch es gibt auch andere Stimmen: Katharina Wolkenhauer, Moderatorin des ARD-Nachtmagazins: „Wer die Kirche nicht nur als einen passenden Rahmen für eine Traumhochzeit sieht, sondern sich wirklich Hilfe ,von oben‘ erhofft, warum sollte der nicht auch die Möglichkeit haben, dieselbe Hilfe beim Scheitem seiner Ehe zu erbitten?“. Christine Bergmann, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend begrüßt diese Diskussion: „Die Möglichkeit, nach der amtlichen Scheidung, die Ehe auch in einem kirchlichen Umfeld aufzulösen, würde dem Bedürfnis vieler Betroffener nach einem versöhnlichen Zeichen entgegenkommen“.
Laut der Nordelbischen Landeskirche sei „theologisch gegen die gottesdienstliche Begleitung in einschneidenden Lebenssituationen nichts einzuwenden, werden Segenshandlungen doch auch bei Krankheit, Reiseantritt und Trauer angeboten“. Doch ob eine Notwendigkeit besteht, sei fraglich: Die Ehepartner seien oft so verletzt, dass kaum Kraft und Interesse bestehen dürfte.
Wie denken Sie darüber? Nutzen Sie die Möglichkeit, uns Ihre Meinung mitzuteilen: rechts finden Sie unsere „Voting-Box“!
(c) Jens-Erik Paul 2001
für www.predigten.de