Es ist schon irgendwie schauerlich: vor brennenden Kerzen liegen Umschläge, in jedem der Name eines Prominenten. Eine Flamme erlischt: im Umschlag steht „Harald Junke“. In den anderen Kuverts sind jeweils noch lebende Persönlichkeiten vermerkt.
Der Zauberer Jeppa aus Regensburg spielt mit fremden Gedanken. Dafür braucht es keine großen Requisiten-Trucks a la Copperfield. Nur das Publikum, ein paar Hilfsmittel und er – davon lebt sein neues Programm „Zauberei entsteht in den Gedanken“. Beim Kerzen-Promi-Kunststück weiß der Vorführende bis zum Öffnen der Umschläge überhaupt nicht, was die Zuschauer in den Umschlägen notiert haben. Und die Kerzen wissen es noch weniger! Es können also nur die notierten Gedanken der uneingeweihten Mitspieler sein, die dieses Wunder bewirken.
Das aktuelle Programm ist jedoch für den gebürtigen Hannoveraner Neuland. Diese Sparte nennt sich „Mental-Zauberei“. Sie kann den Zuschauern ziemlich nah kommen. Wer hat schon gern das Gefühl, dass seine Geheimnisse wie ein offenes Buch von einem Fremden gelesen und beliebig manipuliert werden können? „Keine Angst“, beruhigt der 40jährige jeden Geheimniskrämer, „ich plauder’ nix aus, was ich da so finde und zwinge keinen, wie ein Huhn zu gackern“. Nun, das schafft doch Sicherheit, oder?
Wie funktioniert das nun wirklich mit der Mentalmagie? „Das hat viel mit Psychologie zu tun. Wie halt alles, wo es um Gedanken geht“, klärt der Mentalist auf. „Aber auch mit Röntgenblicken und nicht zuletzt natürlich mit einer großen Portion echter Zauberkraft.“ Der lange blonde Mann lächelt hintergründig. Stimmt das, was er sagt? Ist das auch Teil des Kunst, die Anderen mit dieser Ungewissheit zurückzulassen? Alles Show und Illusion oder alles Echt und Realität? Fast ist man gewillt zu hoffen, dass es nur ein Trick ist.
Denn was würde es sonst bedeuten, wenn allein die Auswahl eines verschlossenen Umschlags ausreicht, um das Verhalten des Zuschauers so zu beeinflussen, dass genau das notierte Ergebnis eintritt? Auch dies eine Demonstration im neuen 20-Minuten-Programm. Und für alle Neunmalklugen: Nein, die Umschläge sind nicht alle mit dem gleichen Inhalt gefüllt, wie sofort bewiesen wird.
Im wahren Leben heißt dieser Mann Jens-Erik Paul und betreibt dieses Hobby seit 13 Jahren und das inzwischen auch im „Magischen Zirkel von Deutschland“ (MZvD), dem größten Club von Täuschungskünstlern hierzulande. „Und da kommst du erst nach intensiver Prüfung rein“, so der Magier. „Ich zaubere vor allem wegen der Fragezeichen in den Augen der staunenden Zuschauer am Ende eines Kunststücks.“ Ein „Ich hasse dich, ich hasse dich“ ist so oftmals Ausdruck höchster Bewunderung. Es macht ihm einfach Spaß, die Naturgesetze – scheinbar? – außer Kraft zu setzen. Egal, ob mit Spielkarten, Seilen oder eben Gedanken, ob auf der Bühne, auf der Straße oder im Restaurant am Tisch der Gäste, „Jeppa zaubert ein Lächeln ins Gesicht“.
Er mag vor allem zwei Arten von Zuschauern. „Die, die sich bezaubern lassen spornen mich an, die Kunststücke noch magischer zu machen.“ Doch auch diejenigen, die ihm auf die Finger schauen und versuchen, das Geheimnis zu enttarnen, freuen ihn. Für solche Kundschaft trainiert der Künstler seine Fingerfertigkeit. Es ist also doch ein Trick dahinter? „Manches ist wirklich nur Illusion – Schöner Schein!“ Wie also funktioniert das mit den Kerzen und den Promis? Doch da verweist Jeppa auf das Schweigegebot des MZvD und hüllt sich grinsend in Schweigen.
(c) Jens-Erik Paul 2006für PR-Referenten-Ausbildung