Beziehungen machen Gemeinde aus

Lore Kurtz verantwortet als Jugendliche die Entwicklung ihrer Gemeinde mit

„Eigentlich wohne ich schon in diesem Büro.“ Lore Kurtz ist Mitarbeiterin der Jugendgemeinde. Die 18-Jährige predigte sogar schon öfter im Gottesdienst. Doch sie ist keine Pfarrerin oder Jugendreferentin, sondern ehrenamtlich tätig, wie alle, die in der Jugendgemeinde Leonberg arbeiten.

Zum Glauben kam Lore Kurtz nach dem Konfirmandenunterricht. Auf dem Konfi-Camp im Anschluss an die Unterrichtszeit luden Mitarbeiter sie ein, den „MOC“ (More of Change) Jugendgottesdienst zu besuchen. Nach einem Jahr dort als Gast wurde sie Mitarbeiterin. Das war 2005. Seitdem ist die Jugendgemeinde ihre geistliche Heimat. Doch auch außerhalb der Gemeinde hat sie Hobbys: Klettern zum Beispiel oder spontan mit der Freundin nach Heidelberg mit dem Fahrrad fahren. Das frühere Steckenpferd Handball war ihr dann aber doch zu zeitintensiv, außerdem waren da nur die Fähigkeiten gefragt – nicht der ganze Mensch. Da sind ihr die Beziehungen zu ihren Freunden schon wichtiger. Auch zu denen, die nicht so christlich verwurzelt sind wie sie. Denn dadurch bekomme man andere Ansichten und hinterfrage sich selbst. Sie sei eben „kein Gemeindehansel, der nur ins christliche Milieu abtaucht“, meint sie.

Früher MOC, jetzt Tree

Bis zum letzten Jahr gab es den „MOC“. Lore Kurtz war im Predigt-Team. Wenn sie eine Predigt vorbereitete, beschäftigte sie sich ca. 2-3 Wochen damit. Doch auch nach dem Gottesdienst war die Aussage des Textes präsent: „Das Thema bleibt bei mir.“ Sie ist an den Predigten auch selbst gewachsen. Wenn sie jetzt selbst einen „normalen“ Gottesdienst besucht, vermisst sie häufig den roten Faden und fragt sich: „Was hat das mit mir, mit meinem Leben zu tun? Was, lieber Prediger, willst du mir sagen?“ Doch die Predigt, die sie am Ostermontag gehört hat, hat ihr gefallen: Wie Maria am offenen Grab stand und mit Jesus spricht, von dem sie erst glaubt, es sei der Gärtner: Das hat sie fasziniert.

Jugendgemeinde Tree

Im März diesen Jahres hat sich die Jugendgemeinde ein neues Konzept gegeben. Jetzt heißt die Gemeinde „Tree“. Die einzelnen Teams sind jetzt besser miteinander vernetzt. Auch die Funktion des einzigen Hauptamtlichen, Jugendreferent Cyrill Schwarz, ist inzwischen eine andere. Früher war er „leitender Mannschaftskapitän“, jetzt ist er „unterstützender Trainer“ im Hintergrund. Lore Kurtz ist seitdem für Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung zuständig. Dazu gehört es zum Beispiel, beim Tree-Gottesdienst jeden Besucher mit Handschlag und möglichst mit Namen zu begrüßen und hinterher auch zu verabschieden. Gerade diese Beziehungen machen die Gemeinde aus. Man ist füreinander da, teilt Freud und Leid. Dabei ist das Alter egal. Für Lore Kurtz war es beeindruckend, dass ein 19-Jähriger ihr, der damals 14-Jährigen, zugehört hat bei ihren Problemen. Heute ist sie stolz darauf, dass sie wiederum von Jüngeren angesprochen wird. So soll Gemeinde sein, meint sie.

Insgesamt gehören 20 bis 30 Personen zum Mitarbeiter-Team. Zum Gottesdienst kommen 50 bis 80 Besucher zwischen 14 und 19 Jahren. „Gefühltes Alter“, meint Lore Kurtz. Das Gute bei Tree im Gegensatz zu den „normalen“ Gottesdiensten ist für sie, dass man aufstehen kann, wann man will, sich hinlegen kann, laut oder leise singt. „Ich habe die Freiheit, meinen Gott so zu preisen, wie ich es will“. In anderen Gemeinden fühle sie sich oft eingesperrt. Dort würde aufgestanden, weil man das halt so mache.

Ich bin Christ – was bist Du?

In der neunten Klasse trug sie ein T-Shirt, auf dem stand: „Ich bin Christ – was bist Du?“. Dass da natürlich Bemerkungen von den Klassenkameraden kamen, war klar. Daraus wurden Diskussionen. Dann war allen klar: Lore ist Christ und sie steht dazu. Auch richtige Anfeindungen bleiben nicht aus, wenn es auch wenige sind. „Da stehe ich drüber,“ sagt sie. Vielleicht steckt hinter diesen Anfeindungen auch bloß Neid auf ihre Art und Weise, mit Menschen umzugehen. Der Glaube an Gott gibt ihr die Richtung für ihr weiteres Leben. So wird auch kein Essen begonnen ohne Gebet. „Damit wir nicht vergessen, dass Gott da ist.“ Aber eine Missionarin ist Lore Kurtz nicht. Sie will eher durch ihr gelebtes Vorbild zeigen, dass es auch anders geht. Deshalb bringt sie ihre Meinung in Diskussionen ein und verteilt lieber Flyer für ihre Gemeinde: „Hey, bei uns gibt es was Gutes, schaut doch mal rein“.

Pfarrerin wäre aber trotzdem kein Beruf für sie. Da käme schon eher so was wie Jugendreferentin oder Diakonin in Frage. Doch eigentlich ist es für sie spannender, Christ in einem anderen Beruf zu sein und dort zu wirken. Derzeit möchte sie Forstwirtschaft studieren und parallel dazu noch Journalistik. So würde sie die Balance schaffen zwischen den zwei Polen Sprache und Naturwissenschaft. Welcher Beruf dabei heraus kommt, ist ihr noch nicht klar. Sie will nicht vorher den Beruf definieren und darauf zuarbeiten, sondern lieber ihren Interessen folgen und dann schauen, was kommt.

Die Jugendgottesdienste sind immer am ersten und dritten Sonntag im Monat um 18.30 Uhr im Haus der Begegnung in Leonberg, Elsässer Straße 6. Am 15. Juni predigt Nina Scheeff, eine Ehrenamtliche aus dem Jugendwerk.

(c) Text und Bilder Jens-Erik Paul 2008
für Pressestelle der Ev. Landeskirche in Württemberg